Zurzeit gehen wieder tausende von Schoko-Adventskalendern über die Ladentische. Die Weihnachtszeit naht und in vielen Kinderzimmern findet sich nicht nur einer der süßen Adventsbegleiter wieder. Nur wenige denken noch an die Berichterstattung um Mineralöl im Adventskalender vor zwei Jahren – das Vertrauen in die Qualität von Schokolade ist hoch. „Zu Recht“, sagt Christine Flöter, die im Auftrag von TÜV NORD bei zahlreichen Lebensmittelkonzernen die Produktqualität überwacht. Doch wie verhält es sich eigentlich mit der Überwachung von Lebensmitteln? TÜV NORD gibt einen Einblick hinter die Kulissen.
Frau Flöter, wie viele Qualitätskontrollen muss eine Tafel Schokolade durchlaufen, bis sie bei uns auf dem Tisch liegt?
Man muss voranschicken, dass die Lebensmittel produzierenden Unternehmen unglaublich viel tun, um eine hohe Qualität der Produkte zu gewährleisten. Das beginnt schon beim Einkauf der Rohstoffe. Jeder Kakaolieferant wird genau unter die Lupe genommen. Dies geschieht einmal durch vor Ort-Begehungen, aber auch durch die permanente Schadstoff-Analyse der Rohstoffe, also beispielsweise der Kakaobutter. Gleiches gilt für Nüsse, hier könnten theoretisch Schimmelpilzgifte auftreten, die Mykotoxine. Bevor das Labor kein grünes Licht gibt, wandern die Nüsse nicht in die Schokolade, Milchpulver kommt nicht zum Einsatz, wenn nicht schwarz auf weiß bestätigt wurde, dass keine Salmonellen enthalten sind. Auch während des Herstellungsprozesses werden regelmäßig Proben gezogen und analysiert.
Auch der Transport der Ware wird überwacht. Im Fall von Schokolade ist dies nicht so spektakulär, da sie nicht verderblich ist und sich bei unzureichender Kühlung im schlimmsten Fall ein weißer Schleier über den Kakao legt. Bei verderblicher Ware wie Fisch, Fleisch, Obst oder Milch werden Transport und Lagerung ganz genau unter die Lupe genommen. Kühlketten und Lagertemperaturen müssen zwingend eingehalten werden.
Aber nicht nur die Unternehmen kontrollieren ihre Produkte. Auch Zollamt und Behörden sind in der Pflicht. Produkte oder Rohstoffe, die auf den deutschen Markt gelangen, dürfen keine Erkrankungen auslösen können, dafür sorgt der Zoll. Die Behörden analysieren die Produkte auf ihre Verkehrsfähigkeit, stellen also die gesundheitliche Unbedenklichkeit fest und kontrollieren, ob zum Beispiel eine Vollmilchschokolade einen ausreichenden Milchanteil hat und damit auch tatsächlich eine Vollmilchschokolade ist.
Wie kommt es dann, dass trotzdem manchmal mangelhafte Produkte auf den Markt kommen?
Selbst, wenn die Stichprobengrößen in den vergangenen Jahren stetig zugenommen haben, so ist es de facto nicht möglich jedes einzelne Lebensmittel vor dem Inverkehrbringen zu prüfen. Es kann also passieren, dass eine Charge in den Markt kommt, die nicht geprüft wurde. Auch gibt es Unternehmen, die es mit den Kontrollen weniger ernst meinen, als andere. Verbraucher sollten also bewusst darauf achten, ob Produkte von einem namhaften Prüfinstitut überwacht werden oder nicht. Unterm Strich ist die Lage für die Verbraucher aber wesentlich besser, als noch vor einigen Jahren. Vor 15 Jahren gab es wesentlich mehr Rückrufaktionen als heute – und das, obwohl die Analysen heute weit strenger und umfangreicher sind und die Unternehmen und Behörden bei Auffälligkeiten sofort ein Schnellwarnsystem in Gang setzen.
Sind die Qualitätsstandards europaweit einheitlich?
Ja, wenn wir von Europa als Synonym für die EU sprechen. Die meisten Prüfstandards sind europäische Verordnungen. Was den Vorteil hat, dass diese Verordnungen permanent durch alle Länder ergänzt werden. Deutschland hat übrigens die Analyse auf Mineralölrückstände ins Spiel gebracht. Jetzt beinhaltet die Europäische Verordnung einen entsprechenden Prüfpunkt.
Liegt die Messlatte bei der Kontrolle von Lebensmitteln heute höher als vor fünf Jahren?
Ich bin jetzt seit 20 Jahren in der Lebensmittelbranche tätig und kenne viele Unternehmen. In den letzten Jahren wird in der Tat strenger und umfangreicher geprüft. Im Gegensatz zu früher wird zum Beispiel viel mehr im Vorfeld geprüft und viele Grenzwerte sind deutlich verschärft worden.
Kann ich als Verbraucher erkennen, ob ein Produkt eine Qualitätskontrolle durchlaufen hat oder ein Hersteller zertifiziert ist?
Es gibt unterschiedliche Qualitätssiegel, mit denen Lebensmittel gekennzeichnet werden. „Bio“ ist sicherlich das bekannteste. Dann sieht man auf vielen Umverpackungen das QS-Siegel. Dies weist auf die gesicherte Qualität von leicht verderblichen Nahrungsmitteln hin. Insbesondere bei Fisch wird oft das MSC-Siegel eingesetzt. Hieran können Verbraucher erkennen, dass beim Fischfang auf Nachhaltigkeit geachtet worden ist. Dies wird unter anderem mittels einer DNA-Analyse festgestellt, die Rückschlüsse zulässt auf die Herkunft des Fisches.
TÜV NORD hat das Siegel „geprüfte Qualität“ entwickelt. Dies zeichnet Lebensmittel aus, die über die gesetzlichen Anforderungen hinaus kontrolliert werden. Vielen Unternehmen ist es wichtig, besonders strenge Maßstäbe bei der Qualität ihrer Produkte anzusetzen. Zum einen, weil sich kein Konzern den Verkauf mangelhafter Ware leisten kann und zum anderen, weil Verbraucher heute extrem kritisch sind und genau wissen möchten, wie es um ein Lebensmittel bestellt ist. Also wird eine neutrale Prüfinstanz wie TÜV NORD hinzugezogen, die Rohwaren, Fertigwaren, Verpackungsmaterial und Hilfsstoffe kontrolliert – auch unangekündigt.
Würden Sie Ihren Freunden einen Schoko-Adventskalender schenken?
Ja, klar! Da habe ich keine Bedenken.
Vielen Dank für das Gespräch.
Über die TÜV NORD GROUP
Die TÜV NORD GROUP ist mit über 10.000 Mitarbeitern einer der größten technischen Dienstleister. Mit ihrer Beratungs-, Service- und Prüfkompetenz ist sie weltweit in 70 Ländern aktiv. Zu den Geschäftsbereichen gehören Industrie Service, Mobilität, IT und Bildung. Mit Dienstleistungen in den Bereichen Rohstoffe und Aerospace hat der Konzern ein Alleinstellungsmerkmal in der gesamten Branche.
Leitmotiv: „Excellence for your business.“