Rücksicht und Respekt vor den Verkehrsregeln sind leider nicht selbstverständlich. Doch es gibt sie noch: die netten Leute, die nicht drängeln, die am Zebrastreifen bremsen und anderen freundlich die Vorfahrt lassen. Psychologische Studien haben untersucht, was diese Menschen sonst noch kennzeichnet. TÜV NORD informiert.
„Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht“, so lautet der erste Satz der Straßenverkehrsordnung. Wer sich nicht an deren Regeln hält, muss mit einem Strafzettel rechnen. Viele halten ein solches Knöllchen zwar nur für das Zeugnis eines Kavaliersdelikts. Der Psychologe Christian Müller von TÜV NORD sieht das anders: „Der Respekt für Mitmenschen und für die Straßenverkehrsregeln gehören zusammen.“
Zahlreiche Studien belegen, dass die Achtung der Verkehrsregeln etwas über die Persönlichkeit eines Menschen verrät. Demnach bekommen zuverlässige und verträgliche Charaktere im Schnitt weniger Knöllchen, und die ehrlichen und bescheidenen fahren seltener zu schnell. Laut einer Befragung von rund 800 Erwachsenen in Italien greifen die zuverlässigen, ehrlichen und bescheidenen unter ihnen am Steuer außerdem seltener nach ihrem Mobiltelefon.
Auch Befunde aus den Niederlanden zeigen: Mangelt es Menschen an Ehrlichkeit und Bescheidenheit, zwei eng miteinander verbundenen Eigenschaften, so gehen sie mehr Risiken ein. Vor allem nehmen sie weniger Rücksicht auf Sicherheit und Gesundheit – sowohl auf die eigene als auch die von anderen. Überdies neigen sie eher zum Betrügen, wie kürzlich ein Team um den deutschen Psychologen Stefan Pfattheicher berichtete. Bei Experimenten im Labor und im Internet hatten er und seine Kollegen mehr als 1000 Probanden die Gelegenheit gegeben, bei Würfelspielen und Münzwürfen unauffällig zu schummeln.
Permanente Regelverstöße kennzeichnen auch die so genannte ‚dunkle Triade‘ der Persönlichkeit: Narzissmus, Psychopathie und Machiavellismus (rücksichtsloses Machtstreben). Narzissten beanspruchen Sonderrechte für sich und ihresgleichen; Psychopathen und Machiavellisten scheren sich wenig um Recht und Unrecht, vielmehr um ihre eigenen Interessen. Das Gegenstück zu den rücksichtslosen Egomanen beschrieb ein Team um Scott Kaufman von der University of Pennsylvania kürzlich als ‚helle Triade‘. Demnach gibt es drei zentrale Merkmale eines rücksichtsvollen Charakters: die Würde jedes Menschen zu respektieren, andere nicht zu instrumentalisieren sowie an das Gute im Menschen zu glauben.
Kann man das lernen? Laut Kaufman könnte es helfen, häufiger die Perspektive zu wechseln und sich in andere hineinzuversetzen. Eine andere Idee verfolgt die Sozialpsychologin Daniela Renger von der Universität Kiel: Um andere respektvoll zu behandeln, müsse man sich zunächst selbst respektieren. Wer allerdings Respektlosigkeit erfahre, sehe sich selbst weniger als Mensch und verhalte sich entsprechend.
„Viele klagen über zunehmende Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr“, sagt der Psychologe Christian Müller von TÜV NORD. Sein Rat: sich nicht davon anstecken zu lassen und trotzdem Rücksicht und Respekt zu üben. „Darin zeigt sich ein guter Charakter.“
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