Die Stadt Essen sieht in den Möglichkeiten der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz ein „Hilfsinstrument, die tägliche Arbeit qualitativ besser und effizienter zu machen“. Das erklärte die Beigeordnete für Verkehr und Umwelt der Stadt Essen, Simone Raskob, in einer Podiumsdiskussion im Rahmen der KI-Biennale. Bei der Veranstaltung der TÜV NORD GROUP diskutieren Expertinnen und Experten über den smarten Stadtverkehr der Zukunft.
Raskob sieht in der Technologie unter anderem die Möglichkeit, Steuergelder deutlich zielgerichteter einzusetzen. Als Beispiel nannte sie den Einsatz eines Georadarfahrzeugs, das regelmäßig auf den Straßen Essens unterwegs ist. „Damit können wir ohne zerstörerische Eingriffe in den Straßenaufbau bis zu acht Meter tief scannen, wie der Unterbau der Straße und die Schäden im Straßenaufbau aussehen. Es ist viel schonender, wenn ich mit einem Fahrzeug über die Straßendecke fahre, als wenn ich wie früher in einem Raster Löcher in den Boden graben muss.“
Die Zukunft des Stadtverkehrs sieht Raskob im Angebot zahlreicher Optionen - vom ÖPNV über Leihräder bis hin zum On-demand-Verkehr - die man intelligent miteinander vernetzen müsse. Als positives Beispiel nannte sie das Essener „Bussi“-Nacht-Taxi mit 3000 virtuellen Haltestallen. Das Auto müsse in vielen Fällen im Alltag gar nicht die erste Wahl sein. „Die meisten von uns in Essen sind unter fünf Kilometern unterwegs. Da ist es oft nicht klug, erst einmal zur Garage zu gehen, um dann ein paar Kilometer weiter wieder einen Parkplatz zu suchen.“
Generell weniger Autos im städtischen Raum
Auch Professor Rudolf Juchelka, Wirtschaftsgeograph an der Universität Duisburg-Essen, sieht in der Stadt begrenzte Flächen, die dazu führten, dass der Straßenraum neu geordnet werden müsse. Man sei hier gerade mitten in einer spannenden Diskussion. „Wir brauchen in städtischen Räumen weniger Autos. Eigentlich müssten die Fahrzeuge ohnehin ‚Stehzeuge‘ heißen, weil sie 23 Stunden am Tag stehen.“
Juchelka betonte zugleich, man müsse für einen stadtgerechten Verkehr sowohl die Stadt als auch das Umland zusammendenken. Im Ruhrgebiet liege eine Kommune neben der anderen, man müsse über die Grenzen hinausdenken. „Wir haben aber auch immer bessere Daten, diese Daten müssen wir gestalterisch nutzen“, erklärte Juchelka.
Technologien sind nur Mittel zum Zweck
Auf diese Daten würden viele Hoffnungen gesetzt, meinte Henrike Etzelmüller, zuständig für den Bereich Industry Executive Sustainable Cities bei Microsoft Deutschland. Allerdings seien Technologien immer nur ein Mittel zum Zweck, ein Instrument. Sie könnten als objektive Entscheidungshilfe dienen. Danach sei die Frage, ob sie vom Faktor Mensch adaptiert und angenommen würden. Etzelmüller verspricht sich von datengetriebenen Technologien aber auch „eine gewisse Nüchternheit in der emotionalen Diskussion im Automobilland Deutschland“.
Auf die Chancen und Herausforderungen des autonomen Fahrens blickten die Expertinnen der TÜV NORD GROUP in der Diskussion. Thora Markert, Expertin für Künstliche Intelligenz bei TÜViT, verwies auf die Komplexität von KI-Systemen. „Wenn man Systeme vernünftig testet und prüft, kann man zu einer gewissen Wahrscheinlichkeit sagen: Das System ist sicher“, erklärte Markert. Sie verwies zugleich auf den unendlichen Raum an Eingabemöglichkeiten. Man könne noch nicht effizient mathematisch nachweisen, dass ein System immer in sämtlichen Situationen richtig funktioniere. Deshalb brauche es Fallback-Mechanismen, um Fehler zu erkennen.
Restrisiko auf akzeptables Maß absenken
Katrin Leicht, Expertin für autonomes Fahren bei TÜV NORD Mobilität, rechnet damit, dass in einigen Jahren in begrenzten Bereichen autonome Fahrzeuge unterwegs sein werden. Aktuell gehe es um entsprechende Regelwerke und Standards, die eine technische Mindestleistungsfähigkeit des Fahrzeugs vorgeben. „Entscheidend ist die Bewertung der Strecke. Sie muss für das entsprechende System geeignet sein“, erläuterte Leicht. Vernünftige Tests seien auch nötig, um für die Systeme Akzeptanz bei den Menschen herzustellen. Das Restrisiko müsse deshalb durch geeignete Sicherheitskonzepte auf ein akzeptables Maß abgesenkt werden, das dann durch geeignete Testmethoden am Fahrzeug nachgewiesen wird. „Das Fahrzeug soll schließlich den Fahrer ersetzen, dafür muss es vernünftige Entscheidungen treffen“, so die TÜV NORD-Expertin.
Über die TÜV NORD GROUP
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