TÜV NORD warnt vor Chemikalien im Trinkwasser nach Rohrsanierung

18.05.2015 | Industrie: Von einer gängigen Methode der Innenrohrsanierung mit Epoxidharz rät TÜV NORD eindringlich ab. Grund: Das eingesetzte Epoxidharz kann die gesundheitsgefährdende und krebserregende Chemikalie Bisphenol A (BPA) enthalten und in das Trinkwasser abgeben.

Viele Immobilienbesitzer lassen bei einer Sanierung oder Renovierung ihre veralteten Trinkwasserleitungen in Stand setzen. Gerade ältere Trinkwasserleitungen aus Blei werden zum Schutz vor zu bleihaltigem Trinkwasser saniert. Von einer gängigen Methode der Innenrohrsanierung mit Epoxidharz rät TÜV NORD eindringlich ab. Grund: Das eingesetzte Epoxidharz kann die gesundheitsgefährdende und krebserregende Chemikalie Bisphenol A (BPA) enthalten und in das Trinkwasser abgeben.

Um Kosten zu sparen, wird bei der Instandhaltung von Innenrohren häufig auf das sogenannte Relining-Verfahren zurückgegriffen – eine Sanierungsmethode, bei der Epoxidharz verwendet wird. Das Problem: Epoxidharz ist ein Kunstharz, das neben verschiedenen kritischen Bestandteilen auch Bisphenol A (BPA) beinhaltet. Dies ist eine hormonell wirksame Chemikalie, welche die hormonell basierte Kommunikation der Zellen im Körper stört und sich daher tiefgreifend auf die Gesundheit auswirken kann. Besonders für Schwangere ist BPA gefährlich, da die Substanz die Plazenta durchdringen und zu Entwicklungsstörungen sowie Geburtsfehlern führen kann.

„Nicht nur das bei dieser Methode eingesetzte Material ist kritisch zu betrachten. Auch das Verfahren an sich ist fragwürdig, da gültige Richtlinien zur Umsetzung, Prüfung und Qualifizierung fehlen und es dadurch fraglich ist, ob es den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht“, erklärt David Dreesen, Mitarbeiter des Arbeitsgebiets gefährliche Stoffe bei TÜV NORD. Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) zog seine herausgegebenen Richtlinien zurück und distanzierte sich so von dieser Methode. Einige Wasserversorger gingen sogar so weit, dass sie das Verfahren in ihrer Region ganz verbieten ließen. Erschwerend kommt hinzu, dass keines der eingesetzten Harze beim Umweltbundesamt (UBA) als unbedenklich registriert ist. Dennoch wird die Methode von zahlreichen Unternehmen angeboten und eingesetzt.

Besonders problematisch ist, dass es keine vorgeschriebenen, regelmäßigen und systematischen Kontrollen der Wasserqualität nach einer Innenrohrsanierung mit Epoxidharz gibt. Unklar ist, wie viele Schadstoffe nach einer solchen Behandlung ins Trinkwasser gelangen. Auch die wissenschaftliche Debatte ist noch nicht beendet. „Wir empfehlen daher Immobilienbesitzern und -betreibern immer eine klassische Rohrsanierung, das heißt den Austausch der alten Leitungen, durchführen zu lassen. Sie ist zwar kostenintensiver, aber gesundheitlich ist man auf der sicheren Seite,“ rät Dreesen. „Mieter können sich bei den Hauseigentümern erkundigen, ob vorhandene Leitungen mit Epoxidharz saniert wurden. Wenn ja, sollten sie auf jeden Fall eine regelmäßige Überprüfung der Wasserqualität fordern.“

So funktioniert die Innenrohrsanierung

Bei der Innenrohrsanierung mit dem Relining-Verfahren werden zunächst die Rohrleitungen mit speziell aufbereiteter Luft getrocknet. Anschließend werden die Rohre durch Sandstrahlen von Rost und Ablagerungen gereinigt. Dabei kommt ein bestimmtes Strahlgut mit unterschiedlicher Körnung zum Einsatz. Wenn alles gesäubert ist, wird die Epoxidharz-Beschichtung aufgetragen. Hierbei müssen bestimmte Mischungsvorschriften, Temperaturen, Aushärtungszeiten etc. beachtet werden. „Wird auch nur der kleinste Fehler bei der Reinigung der Rohre gemacht und es bleiben Rostrückstände zurück, kann die Beschichtung nicht einwandfrei aufgebracht werden“, warnt der Experte von TÜV NORD.

Aber auch eine zu kurze Trocknungsphase nach dem Auftragen des Epoxidharzes kann zu einer höheren Belastung des Wassers führen. Besonders heikel wird es bei Bleirohren. „Rohre, die aus Blei bestehen, sind besonders empfindlich und können daher bei unsachgemäßer Behandlung schnell Schaden nehmen. Zusätzlich wird durch das Strahlen die Oxidschicht zerstört, die das Trinkwasser sonst vor dem Blei schützt. Wenn es dann zu einem Fehler beim Auftragen des Epoxidharzes kommt, kann der Bleigehalt im Wasser enorm steigen.“

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