Nach zwei intensiven Verhandlungswochen ist die UN-Klimakonferenz in Glasgow am vergangenen Wochenende zu Ende gegangen. Die Bewertung des Schlussdokuments, darunter Erklärungen zum Kohleausstieg und Initiativen zum Erhalt der Wälder, fällt geteilt aus. Sandra Gerhartz, Geschäftsführerin von TÜV NORD CERT, im Interview mit dem TÜV NORD Newsroom:
„Von großem Wurf bis Betrug: die Einschätzungen über die Glasgower Konferenz gehen – was nicht überraschend ist – weit auseinander. Was ist Ihre Bewertung?“
Wer die konkrete Hoffnung hatte, die Staatengemeinschaft würde einheitliche Selbstverpflichtungen samt konkretem Umsetzungskatalog zur Einhaltung der 1,5 Grad beschließen, mag enttäuscht sein. Aber das war aus unserer Sicht auch nicht zu erwarten. Unter dem Strich ist in Glasgow aber einiges erreicht worden, wie zum Beispiel das klare Bekenntnis zum Ausstieg aus der Kohle.
Allerdings wurde das Statement im Schlusstext auf Betreiben von Ländern wie Indien und Australien von „aussteigen“ auf „auslaufen lassen“ geändert…
Das ist richtig. Aber es ist das erste Mal, dass überhaupt eine Perspektive für das Ende der fossilen Energie festgeschrieben wurde. Außerdem haben sich in Glasgow Länderallianzen gebildet, die ihren Ausstieg angekündigt haben, darunter Staaten wie Vietnam oder Polen, die dies in der Vergangenheit immer vehement abgelehnt hatten. Daher ist dieser Aspekt definitiv eine Errungenschaft. Genauso bewerte ich es als Erfolg, die Staaten, die zum Beispiel durch die Anhebung des Meeresspiegels von den Folgen des Klimawandels besonders betroffen sind, jährlich mit 100 Milliarden Dollar zu unterstützen und den Aufbau moderner Technologien und Strukturen zu erleichtern.
Seit 2005 ist TÜV NORD bei den Vereinten Nationen akkreditiert und unterstützt mit den international handelbaren Klimaschutz-Zertifikaten die Umsetzung der Abkommen von Kyoto und Paris. Bislang auf Basis des Clean Development Mechanism (CDM) - Mechanismus für umweltgerechte Entwicklung -, dessen Verifizierung aber nach dem Auslaufen nur noch für eine Übergangszeit möglich war. Gab es dazu in Glasgow etwas Neues?
Ja, endlich wurde sich auf einen neuen Mechanismus geeinigt. Das begrüßen wir sehr, da der CDM, der Ende der 90er Jahre nach dem Kyoto-Protokoll etabliert wurde, nun definitiv zum 31.12.2020 ausgelaufen ist. Seitdem konnten wir nur bei bestehenden Projekten prüfen, also verifizieren, ob wirklich Emissionen verringert wurden. Der neue Mechanismus, voraussichtlich „ITMO“ (Internationally Transferred Mitigation Outcomes) genannt, wird, laut Glasgowbeschluß wohl ähnliche Regeln wie der CDM haben. Wie bisher müssen die Projekte von einer akkreditierten Stelle validiert und verifiziert werden. Wir haben bereits erste Anfragen zum neuen Mechanismus erhalten und stehen dazu auch schon mit Projektentwicklern in Kontakt.
Was muss bis zur nächsten Klimakonferenz im kommenden Jahr in Ägypten passieren?
Glasgow ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Jetzt ist zwar einiges beschlossen worden, aber richtig los geht es erst mit der Umsetzung und da muss bis zur nächsten Konferenz noch einiges an Detailarbeit geleistet werden. Beispielsweise ist nicht klar, ob akkreditierte Stellen nach dem CDM-Standard auch automatisch für den neuen Mechanismus berechtigt sind.
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