Wohin soll die nächste Reise gehen: zum Klettern in die Berge? Oder zum Sightseeing in eine Großstadt? Wie und wo wir unseren Urlaub verbringen, ist kein Zufall, sagt Psychologe Ralf Buchstaller von TÜV NORD: Dahinter stecken Sehnsüchte und Wertvorstellungen.
Ein Urlaub kann ganz unterschiedliche Wünsche erfüllen, zum Beispiel nach Entspannung und Zeit mit der Familie oder nach Abenteuern und neuen Erfahrungen. „Hinter einer Städtereise stecken in der Regel andere Bedürfnisse als hinter Camping am Meer“, sagt Ralf Buchstaller vom Medizinisch-Psychologischen Institut von TÜV NORD in Hamburg. Nicht nur die Art des Urlaubs, auch der Ort spielt dabei eine Rolle. „Wer bestimmte Reiseziele besonders anziehend findet, sagt damit etwas über seine Persönlichkeit und seine Wertvorstellungen aus“, erläutert der Psychologe.
Wahl des Urlaubsorts mit persönlichen Werten verbunden
Eine Befragung von Studierenden ergab unter anderem, dass exotische und abenteuerliche Orte vor allem bei extravertierten Menschen gut ankamen. Studien aus Australien zeigten außerdem, dass mit verschiedenen Orten auch unterschiedliche Werte verbunden sind. Die Forschenden untersuchten vier Wertedimensionen: Offenheit für Veränderungen, Bewahrung des Status Quo, Selbsttranszendenz (das Streben nach Gleichheit und Eins-Sein mit der Natur) und Selbstoptimierung (das Streben nach Macht, Erfolg, Kompetenz). London und New York etwa unterscheiden sich auf allen vier Wertedimensionen: London wird mehr Hang zum Bewahren des Status Quo und zu Selbsttranszendenz zugeschrieben, New York mehr Offenheit für Veränderung und Streben nach Selbstoptimierung.
Auch die Reisemotive verraten etwas über persönliche Werte, wie eine repräsentative Untersuchung in Norwegen herausfand. Vergnügen war demnach für materialistische Menschen besonders wichtig, das Zusammensein mit der Familie hingegen für traditionell orientierte Menschen.
Entspannung und schönes Wetter ganz oben
Der Tourismusforscher Metin Kozak unterscheidet zwischen zwei Arten von Motiven: was die Menschen von zuhause wegtreibt („push“) und was sie an einen konkreten Ort zieht („pull“). Zu den Push-Faktoren zählt er alles, was Reisende dazu motiviert, das gewohnte Leben eine Weile hinter sich zu lassen, etwa zu entspannen oder Abenteuer zu erleben. Die Pull-Faktoren – wie ein schöner Strand, Sportangebote oder Sehenswürdigkeiten – versprechen, diese Wünsche und Sehnsüchte zu erfüllen.
Entspannung und schönes Wetter stehen auf der Liste der Reisemotive ganz oben. Das stellte Kozak fest, als er knapp 2000 britische und deutsche Touristinnen und Touristen an Flughäfen auf Mallorca und in der Türkei befragte. Deutsche, die in die Türkei reisten, legten eher Wert auf Kultur, Sport und Natur als deutsche Mallorca-Reisende. Und im Vergleich zu ihnen suchten die Britinnen und Briten wiederum mehr nach Abenteuer, Vergnügen und Kontakten zu anderen Reisenden.
Jeder Urlaub erfüllt anderes Bedürfnis
Nicht zuletzt können Urlaube dem sozialen Status dienen oder die Zugehörigkeit zu einer Gruppe von Gleichgesinnten demonstrieren. „Mit einer Safari in Afrika kann man sich als abenteuerlustiger Mensch darstellen“, sagt Ralf Buchstaller von TÜV NORD. Es komme allerdings darauf an, was das Ansehen in einer Gruppe fördert: Das kann ein Meditations-Retreat im Kloster sein, aber auch ein Party-Wochenende auf Ibiza.
Jeder Urlaub könne ein anderes Bedürfnis erfüllen, betont der Psychologe. Mal geht es der Gesundheit zuliebe zum Wandern nach Norwegen, mal nach China, um den kulturellen Horizont zu erweitern. Und der beliebte Strandurlaub? „Er spiegelt vor allem ein Bedürfnis«, sagt Ralf Buchstaller: „Einfach mal gar nichts zu tun und zu entspannen.“
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