Wie lang soll ein Schulweg höchstens sein?

Zwei Kilometer zu Fuß, vier Kilometer mit dem Rad: So weit pendeln Kinder und Jugendliche im Mittel zu weiterführenden Schulen.

In den meisten Bundesländern bekommen Kinder bei der Einschulung eine Grundschule in ihrem Schulbezirk zugeteilt. Nach der vierten Klasse dürfen sie dann in der Regel eine weiterführende Schule wählen. Ein Faktor bei der Entscheidung ist für viele Eltern und Kinder der Schulweg, sagt der Psychologe Christian Müller vom Medizinisch-Psychologischen Institut des TÜV NORD in Köln.

Kann das Kind zur Schule laufen oder mit dem Rad fahren?  Ein Vorteil davon ist, unabhängig von Bus, Bahn oder Elterntaxi zu sein. Der andere ist die Bewegung selbst. Schulkinder sollten täglich eine Stunde lang körperlich aktiv sein. Doch nur einer Minderheit gelingt das. Die Wahrscheinlichkeit steigt, wenn das Kind regelmäßig zur Schule läuft oder mit dem Rad fährt. An deutschen Schulen trifft das aber nicht einmal auf die Hälfte der älteren Kinder zu, wie repräsentative Stichproben zeigen.

Die Sportwissenschaftlerin Anne Reimers, heute Professorin an der Universität Erlangen-Nürnberg, hat mit verschiedenen Teams Daten von mehreren Tausend Schülerinnen und Schülern ausgewertet. Im Alter von 11 bis 17 Jahren geht demnach ein knappes Fünftel zu Fuß, ein knappes Viertel fährt mit dem Rad. Öffentliche Verkehrsmittel nutzen dagegen fast 50 Prozent der Mädchen und 42 Prozent der Jungen. Vor allem auf dem Land laufen und radeln die Jugendlichen vergleichsweise selten – die Entfernungen sind dafür häufig zu groß.

Schulwege auf dem Land meist deutlich weiter

In Städten waren die Schulwege mit durchschnittlich rund vier Kilometern am kürzesten, auf dem Land mit zehn Kilometern am längsten, ermittelte ein Team um Anne Reimers 2023.Kein Wunder also, dass dort viele lieber auf motorisierte Fahrzeuge zurückgreifen. Jede Art der Fortbewegung entsprach einer typischen Distanz: Wer zur Schule lief, legte im Mittel nur knapp zwei Kilometer zurück; wer radelte, kam schon auf knapp vier Kilometer. Bei öffentlichen Verkehrsmitteln waren es nahezu zehn Kilometer, bei anderen motorisierten Transportmitteln rund acht Kilometer.

Aber wann ist der Weg zu weit? Das untersuchte eine Studie in Irland an landesweit mehr als 60 Schulen. Die meisten der befragten 15- bis 17-Jährigen, die zu Fuß liefen, hatten nicht mehr als 2,4 Kilometer vor sich, und die meisten Radfahrenden nicht mehr als 4 Kilometer. Mit jeder Meile (1,6 Kilometer) sank der Anteil derer, die zu Fuß oder mit dem Rad zur Schule kamen, um 70 Prozent. Ab einer Strecke von 4,8 Kilometern liefen oder radelten nur noch weniger als 20 Prozent.

Bei dieser Distanz zieht auch Christian Müller von TÜV NORD eine Grenze. „Zwei bis drei Kilometer zu Fuß oder vier mit dem Rad sind in der Regel zumutbar.“ Bei größeren Distanzen komme es auf die Strecke und das Kind an. Verläuft der Weg auf Straßen oder auf separaten Radwegen? Wie fit und vorsichtig ist das Kind? „Voraussetzung ist stets die bestandene Radfahrprüfung im vierten Schuljahr“, mahnt der Psychologe. „Erst dann sollten sie überhaupt allein mit dem Rad fahren.“

In diesem Alter – ab dem 10. Geburtstag – dürfen sie mit dem Rad nicht mehr auf den Gehweg, sondern müssen Radweg oder Straße benutzen. Das Gefahrenbewusstsein ist mit dem zehnten Lebensjahr allerdings noch nicht fertig entwickelt, warnt die Unfallforschung der Versicherer. Zum Beispiel sind einige noch nicht in der Lage, sich in die Perspektive von anderen Verkehrsteilnehmenden hineinzuversetzen und die Geschwindigkeiten von Fahrzeugen richtig einzuschätzen.

Auch für Kinder, die zu Fuß unterwegs sind, stellt das ein Risiko dar. Am gefährlichsten wird es laut Unfallforschung der Versicherer immer dann, wenn sie eine Straße überqueren: Dabei passieren rund 86 Prozent der Fehler, die Kinder zu Fuß auf dem Schulweg machen. Deshalb sollten sie notfalls Umwege in Kauf nehmen, um Ampeln und Zebrastreifen nutzen zu können. Doch egal ob mit oder ohne Ampel: Bevor sie allein losgeschickt werden, müssen sie lernen, stets rechts und links zu gucken, um sich zu vergewissern, dass die Straße frei ist oder alle Fahrzeuge anhalten.

„Eltern sollten mit ihren Kindern so lange im realen Straßenverkehr üben, bis sie zuverlässig die richtigen Entscheidungen treffen“, empfiehlt Christian Müller von TÜV NORD. Auch Jugendliche sollten immer wieder daran erinnert werden, die Verkehrsregeln zu beachten und sich nicht durch Gespräche oder das Handy ablenken zu lassen. Für die Eltern selbst gelte das aber nicht weniger, sagt der Psychologe: „Erwachsene sollten stets mit gutem Beispiel vorangehen.“

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