Mit dem Auto quer durch München oder Berlin: Schon der Gedanke löst bei vielen Stress aus. Aber was genau zehrt dabei eigentlich so sehr an den Nerven? Der Psychologe Christian Müller von TÜV NORD klärt auf.
Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt derzeit in Städten. Wer dort von A nach B will, muss sich zwangsläufig durch die Stadt bewegen. Und das bedeutet Stress, wie eine Feldstudie vom Massachusetts Institute of Technology zeigte. Versuchspersonen fuhren dafür 50 Minuten lang mit dem Auto durch Boston und Umland. Die Fahrt in der Stadt fanden sie nicht nur subjektiv anstrengender als die auf dem Highway. Sie zeigten dabei auch vermehrt körperliche Stressreaktionen wie einen erhöhten Puls.
Doch was macht das Fahren in Städten eigentlich so unangenehm? Dafür gibt es mehrere Gründe. „An erster Stelle die Verkehrsführung“, sagt Christian Müller von TÜV NORD: Sie ist in der Stadt meist komplexer und unübersichtlicher als auf dem Land. Das allein könne schon Stress auslösen, erklärt er. „Die kognitiven Kapazitäten sind in dieser Situation schnell überlastet, vor allem, wenn man müde ist oder wenn man sich in der Stadt nicht gut auskennt.“
Ein anderer Faktor ist die höhere Verkehrsdichte und damit einhergehend der soziale Stress. In Städten treffen Menschen häufiger aufeinander, was viele Gelegenheiten zu Konflikten, Frust und Ärger bietet. Das Gehirn von Menschen, die in Städten wohnen, reagiert empfindlicher auf sozialen Stress, berichteten der Psychiater Mazda Adli und der Psychologe Jonas Schöndorf von der Berliner Charité 2020 in einem Fachartikel. Auch das Risiko für einige psychische Erkrankungen sei in der Stadt größer.