Windenergie: "Wir brauchen Stabilität, Verlässlichkeit und schnelle politische Entscheidungen"

7. Juli 2023 | Energie: TÜV NORD-Energieexperte Silvio Konrad: Lieferkettenprobleme verlangsamen Windenergie-Ausbau

Engpässe entlang der gesamten Lieferkette sind nach wie vor eine große Herausforderung für den Ausbau der Windenergie an Land und auf See. Darauf weist Silvio Konrad, Energieexperte der TÜV NORD GROUP, in der aktuellen Folge des Podcasts „Energieschub“ hin.

Die Bundesregierung hat ambitionierte Ausbauziele für Onshore- und Offshore-Windenergie in Deutschland vorgegeben: An Land, onshore, sollen 2023 5 GW Leistung zusätzlich gebaut werden, 2024 8 GW und ab 2025 10 GW pro Jahr. Der tatsächliche Zubau lag 2022 jedoch nur bei 2,4 GW. Bei den Offshore-Anlagen auf dem Meer liegen die Zahlen noch weiter auseinander: Der geplante Zubau Offshore liegt 2023 bei 5 GW, 2024 bei 8 GW und ab 2025 bei 10 GW pro Jahr. Tatsächlich zugebaut wurden im Jahr 2022 aber nur 0,3 GW.

Gerade beim Offshore-Ausbau zeigen sich also die Engpässe, erklärt TÜV NORD Energieexperte Silvio Konrad: „Aufgrund der höheren Komplexität der Gewerke und der geringeren Anzahl der spezialisierten Hersteller haben wir hier eine noch geringere Flexibilität als an Land. Entlang der gesamten Lieferkette, von der Verfügbarkeit der Windkraftanlage bis zu Transportschiffen und Fertigungskapazitäten für die Fundamente oder die Umspannplattformen, ist es eine große Herausforderung, oder manchmal sogar schier unmögliche Aufgabe, diese regulatorisch vorgegebenen Aufbauziele in der kurzen Zeitspanne erreichen zu können.“ Auch beim Onshore-Wind bleibe es schwierig, beispielsweise in der Fertigung ausreichend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den benötigen Qualifikationen zu finden oder die speziellen Hebe- und Transportmittel für den Aufbau der großen Anlagen im Feld zu beschaffen.

Grundsätzlich zeigt sich Silvio Konrad optimistisch: „Im tatsächlichen Zubau klafft eine große Lücke, aber die Voraussetzungen sind grundsätzlich gegeben, hier stärker als in den Vorjahren zuzulegen. Was wir jetzt im Windbereich brauchen, sind Stabilität und langfristig planbare Ausbauziele, um auch Stabilität in die Lieferkette zu bekommen. Viele Teile der Supply Chain werden über Jahre entwickelt und eingespielt, die gehen über Kontinente – das kann man nicht über Nacht ändern oder neu justieren.“ Denn das Auf und Ab der letzten Jahre schwäche natürlich auch die Firmen, so der Windenergie-Experte: „Man darf nicht vergessen, dass mit der geringen Verfügbarkeit von zentralen Materialien oder Transportmitteln zusätzliche, ungeplante Kosten verbunden sind, die auf die Marge der Hersteller und der Entwickler dieser Projekte drücken.“ Er zieht daher das Fazit: „Wir brauchen Stabilität, wir brauchen Verlässlichkeit, wir brauchen schnelle Entscheidungen in der Politik in Deutschland und in der Europäischen Union.“

 

Mehr dazu in der aktuellen Folge des Podcasts "Energieschub" hier im Newsroom (siehe unten)
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