Making Visions Move

Making Visions Move

Die Begeisterung für Innovation und Fortschritt treibt die Mitarbeitenden der TÜV NORD GROUP an, neue Wege zu gehen und Lösungen für be­stehende Herausforderungen zu finden. Sechs Beispiele zeigen, wie aus Visionen echter Mehrwert entsteht.


Schnelltests für 
Traktionsbatterien

Neue Testverfahren bieten Flottenbetrei­bern, Händlern und Privatpersonen mehr Sicherheit in Sachen Batteriezustand.


Wer gebrauchte E-Autos kauft und verkauft, sie repariert oder warten will, braucht Informationen über den Zustand der wichtigsten Bauteile. Eine entscheidende Komponente: die Traktionsbatterie, die im Durchschnitt etwa ein Drittel des Fahrzeugwertes ausmacht. „Allerdings fehlten bisher verlässliche Verfahren, um den Battery State of Health, den Batteriezustand, auszuwerten“, sagt Jens Staron, Bereichsleiter Business Competence TÜV NORD Mobilität.

Um Kunden wie Flottenbetreiber, Autohäuser oder Werkstätten eine bedarfsgerechte Lösung anbieten zu können, prüft TÜV NORD unterschiedliche Verfahren und bietet aktuell ein zweistufiges Testmodell an. Das System besteht aus einem Schnelltest mit Diagnose-Software. „Ein Autohaus testet nicht über mehrere Tage die Be- und Entladevorgänge und kontrolliert die Parameter. Kunden brauchen bezahlbare Tests, die schnell funktionieren“, sagt Staron. Das leistet der von TÜV NORD verifizierte Quickcheck, der in 15 Minuten Ergebnisse liefert. Bei Auffälligkeiten kann ein intensiverer Test erfolgen, genauso wie für die Feldüberwachung von bereits im Markt befindlichen Modellreihen. „Dort ist es zumutbar, dass es länger dauert“, sagt Leif-Erik Schulte. Er ist Bereichsleiter des Instituts für Fahrzeugtechnik und Mobilität bei TÜV NORD Mobilität und sieht noch Arbeit auf dem Weg zu flächendeckenden Testverfahren: „Für die periodische Überwachung brauchen wir am Ende eine standardisierte Branchenlösung zur Auswertung des State of Health. Einzellösungen wären nicht miteinander vergleichbar.“ Daher testet TÜV NORD technologieoffen mehrere Lösungen am Markt und sammelt große Mengen an wichtigen Batteriedaten.

Fest steht: Die Nachfrage nach Standards ist schon jetzt da. 2022 wurden in Deutschland laut Kraftfahrt-Bundesamt mehr als 470.000 Pkw mit rein elektrischem Antrieb zugelassen. Dazu kommen Busse und Lkw, die andere Testverfahren verlangen. Mit Blick auf die Zukunft sagt Schulte: „Die Marktdurchdringung der E-Fahrzeuge nimmt zu, und es wird in Zukunft eine Euro-7-Norm geben, in der erstmals auch Anforderungen an die Traktionsbatterie erfasst sind. Genauso verschärfen sich die Vorgaben in Sachen Cybersecurity. Spätestens dann sind Auswertungsstandards wichtig.“

Jens Staron, Bereichsleiter Business Competence TÜV NORD Mobilität (rechts), und Leif-Erik Schulte, Bereichsleiter des Instituts für Fahrzeugtechnik und Mobilität bei TÜV NORD Mobilität (links)


Den Wald vor lauter 
Bäumen sehen

Das in Edinburgh ansässige Unternehmen GSI kombiniert Satellitendaten und weitere Datenbestände mit maschinellem Lernen und führt so detaillierte Untersuchungen für Waldbesitzer durch. Der TÜV NORD GROUP bietet die Technologie jede Menge Potenzial für Synergien.


Wenn Waldbesitzerinnen und -besitzer wissen wollten, wie viele Bäume sie haben, mussten bisher Menschen loslaufen und zählen. Diese Methode ist jedoch sehr ungenau und bei großen Wäldern einfach nicht praktikabel. „In Nordamerika gibt es kommerziell genutzte Wälder mit einer Fläche von mehreren tausend Hektar, die Holz für viele industrielle Zwecke produzieren“, erklärt Stephen Duffy. Er ist Managing Director von ALTER TECHNOLOGY UK, einem Tochterunternehmen von ALTER TECHNOLOGY (ATN) in Spanien. Die ATN-Gruppe repräsentiert in der TÜV NORD GROUP den Geschäftsbereich Aerospace. Seit Herbst 2022 ist Duffy neben dieser Funktion auch Investment Director im Vorstand von Global Surface Intelligence (GSI).

Stephen Duffy, Managing Director von ALTER TECHNOLOGY UK

GSI verwendet Satellitendaten und setzt künstliche Intelligenz sowie Maschinenlernen in einem patentierten Verfahren ein, um aktuelle und hochpräzise Bestandsaufnahmen von Waldgebieten zu erstellen. So erfahren Waldbesitzer nicht nur, wie viele Bäume sie haben, auch Angaben zur Baumart und Größe liefert GSI. „Die Daten haben auch großes Potenzial für Unternehmen, die nach Möglichkeiten suchen, im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsziele ihre CO2-Emissionen zu kompensieren“, erklärt Duffy. Bäume absorbieren CO2 nämlich in unterschiedlichen Mengen und Geschwindigkeiten, dabei spielen Art und Größe eine wichtige Rolle.

Mit der Investition der TÜV NORD GROUP wird GSI seine bisherigen Aktivitäten weiter ausbauen, die Bedeutung des „Forest Carbon ­Market“, also der Nutzung von Waldflächen, um Emissionen auszugleichen, werde enorm zunehmen. Für die Technologie von GSI sei das aber erst der Anfang, so Duffy: „In der TÜV NORD GROUP dreht sich viel um Prüfungen, Inspektionen und Zertifizierungen.“ Dabei sei es immer noch üblich, dass sich eine Person auf den Weg macht, zum Beispiel um eine Gaspipeline oder ein Bergwerk zu überprüfen. Duffy ist zuversichtlich: „Mit GSI können auch einige dieser Aufgaben in Zukunft per Satellit erledigt werden.“


Fahrerlos sicher 
unterwegs

Vollautomatisierte U-Bahnen machen den ÖPNV schneller und pünktlicher. TÜV NORD China hat in den Metropolen Schanghai und Shenzhen gleich zwei solcher Strecken in China sicherheitstechnisch begleitet.


Vollautomatische U-Bahnen bieten gegenüber konventionellen Systemen viele Vorteile: Sie können flexibler auf das aktuelle Fahrgastaufkommen reagieren, sind pünktlicher und arbeiten störungsfreier. Allerdings muss im Betrieb absolute Sicherheit der technischen Systeme gewährleistet werden. Das gilt insbesondere, wenn der höchste Automatisierungsgrad (GoA4) realisiert wird, bei dem der Zugbetrieb ganz ohne Personal an Bord auskommt. Die Bahnexpertinnen und -experten von TÜV NORD China haben innerhalb kürzester Zeit gleich zwei autonom fahrende U-Bahnstrecken in China sicherheitstechnisch begleitet, eine in Schanghai und eine in Shenzhen. Die Aufgabe des Expertenteams war in beiden Fällen die komplette Doku­mentation und Prüfung der Fahrzeuge während der Entwicklung und Inbetriebnahme. „Dabei haben wir zum Beispiel die Konstruktion und die Fertigung der Fahrzeuge auditiert sowie die Fahrzeugtests überwacht. Nach dem erfolgreichen Abschluss dieser wichtigen Phasen konnten wir das Zertifikat für den autonomen Betrieb der U-Bahnen ausstellen“, sagt Zhou Liang, Internal Operation & Training Manager bei TÜV NORD China.

Die vollautomatisierte Metrolinie 18 in Schanghai hat im Dezember 2021 den Regelbetrieb aufgenommen. „In der Hauptverkehrszeit liegt die Fahrgastauslastung bei bis zu 86 Prozent, eine Verlängerung der Strecke ist bereits in Planung. Auch dafür werden wir die Auditierung und Zertifizierung übernehmen“, erklärt Alex Gong, Senior Project Engineer bei TÜV NORD China. Die vollautomatisierte Linie 16 der U-Bahn in Shenzhen ging Ende 2022 in Betrieb und ergänzt dort das schon vorhandene Angebot eines autonomen Zugsystems im öffentlichen Personennahverkehr.

Alex Gong, Senior Project Engineer bei TÜV NORD China (rechts), und Zhou Liang, Internal Operation & Training Manager bei TÜV NORD China (links)


Erdwärme 
für das Münsterland

Seismische Messungen von DMT fördern ­zutage, welche Potenziale die Geothermie als klimafreundlicher, regenerativer Energieträger bietet.


Unter unseren Füßen schlummert eine quasi unerschöpfliche Energiequelle – die Geothermie. Sie bezeichnet die Wärme, die kontinuierlich im Erdinneren erzeugt wird und hin zur kalten Erdoberfläche „fließt“. Mit bereits vorhandenen Technologien kann diese Ressource genutzt werden, beispielsweise als Fernwärme für Haushalte und Betriebe. Aufschluss über geeignete geologische Strukturen im Untergrund geben seismische Bodenuntersuchungen. Der zur TÜV NORD GROUP gehörende Ingenieurdienstleister DMT ist das europaweit führende Unternehmen auf diesem Gebiet. 

Olaf Brenner, Projektleiter bei DMT, und Silke Bißmann, Senior-Geologin bei DMT

Eines der bisher aufwendigsten Geothermie-Projekte von DMT in NRW war die Untersuchung weiter Teile des Münsterlands einschließlich der Großstadt Münster im Jahr 2021/2022. DMT hat das Projekt im Auftrag des Landes Nordrhein-Westfalen als Komplettdienstleistung durchgeführt – von der Detailplanung über die Genehmigungen und Durchführung der Messungen bis hin zur Datenanalyse, geologischen Interpretation und der Bewertung des geothermischen Potenzials. „Die besondere Herausforderung in diesem speziellen Fall waren die Messungen in einem dicht besiedelten Ballungsraum. Wir mussten sie so konzipieren, dass einerseits alle baulichen und verkehrsseitigen Gegebenheiten berücksichtigt werden, und wir andererseits aber auch aussagekräftige seismische Ergebnisse erhalten“, sagt Olaf Brenner, der das Projekt bei DMT geleitet hat. Diesem Pilotprojekt werden weitere folgen: Weil Geothermie ganzjährig klimafreundliche, regenerative Energie liefert, „macht sie das zu einem entscheidenden Baustein der Wärmewende. Bis zum Jahr 2030 sollen allein in Deutschland mehr als 400 neue Geothermie-Heizwerke installiert werden, und für jedes ist ein individuelles seismisches Gutachten erforderlich“, erklärt Silke Bißmann, Senior-Geologin bei DMT. 


Die Cyberdetektive

Erste Hilfe und digitale Spurensicherung bei Hackerangriffen


Mit Hackerangriffen ist es wie mit der Grippe – allen Vorsichtsmaßnahmen zum Trotz bleibt ein Restrisiko, sich doch einen Virus einzufangen. Ist ein Unternehmen von einem IT-Sicherheitsvorfall betroffen, bricht schnell Hektik aus. „Für die Betroffenen ist das eine Ausnahmesituation“, sagt Claus Krause. Der 35-jährige Informatiker aus ­Speyer ist Lead Cyber Security Consultant bei TÜV NORD IT Secure Communications und Experte für Digital Forensics & Incident Response. Krause und seine drei in ganz Deutschland verteilten Mitarbeitenden leisten im Notfall Erste Hilfe und begeben sich auf digitale Spurensuche. Ihre Vertragskunden sind sowohl kleine und mittlere wie auch DAX-Unternehmen. „Prinzipiell kann sich im Notfall jeder an uns wenden“, sagt Krause. Doch sei es von Vorteil, bereits vorher mit einem IT-Sicherheitspartner in Kontakt zu sein, damit am Tag X nicht erst lange nach Hilfe gesucht werden müsse.

Die beliebteste Masche der Hacker sind Phishing-Mails mit verseuchten Anhängen. Öffnet eine unbedarfte Person im Unternehmen einen solchen Anhang, kann die darin verborgene Software schwere Schäden verursachen. „Häufig verschlüsseln die Angreifer Speichermedien des Opfers, das dann keinen Zugriff mehr auf die eigenen Daten hat, und erpressen ein Lösegeld“, weiß Krause. „Häufig drohen die Hacker auch damit, die Daten zu veröffentlichen.“

Ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen, beginnt für die IT-Leute ein Wettlauf gegen die Zeit. „Es gilt, die Ausbreitung des Virus so schnell es geht zu unterbinden. Dazu machen wir uns ein Bild von der Art des Angriffs, isolieren die betroffenen Systeme und unterbrechen die Angriffsvektoren“, beschreibt Krause ein typisches Szenario. Danach gilt es, die Schwachstellen zu beseitigen, damit sich ein solcher Angriff nicht wiederholt, und schließlich Daten aus Back-ups wiederherzustellen, um die betroffenen Systeme wieder in den Normalbetrieb zu versetzen. „Manchmal geht das remote, zuweilen fahren unsere Leute aber auch raus zu den Kunden“, erzählt Krause. Das Schönste an seinem Beruf? „Dass wir verzweifelten Menschen helfen können.“

Claus Krause, Lead Cyber Security Consultant bei TÜV NORD IT Secure Communications


Das flexible 
Klassenzimmer 

Seit Beginn der Corona-Pandemie boomen digitale Lernformate. Die Live-Webinare am OnlineCampus der TÜV NORD Akademie ­erfreuen sich schon seit Längerem großer Beliebtheit. Nun wurde das digitale Angebot um E-Learnings und Online-Unterweisungen erweitert, sodass Kursteilnehmende orts- und zeitunabhängig lernen können.


Muss eine große Anzahl von Mitarbeitenden zu einem bestimmten Thema geschult werden, treibt dies so mancher Führungskraft Schweißperlen auf die Stirn. Denn auch wenn durch Onlineformate die Reisekosten wegfallen, sind bei termingebundenen Kursen alle Mitarbeitenden erst einmal für eine bestimmte Zeitspanne raus aus dem Tagesgeschäft. „Das ist unpraktisch, vor allem, wenn es sich nur um kurze, etwa 20-minütige Kurse handelt“, sagt Henning Detjen, der bei der TÜV NORD Akademie in der Unternehmensentwicklung tätig ist. Deshalb wurde das Angebot des OnlineCampus unter seiner Federführung um E-Learnings und Online-Unterweisungen erweitert. Um das Angebot möglichst nutzungsfreundlich und ansprechend zu gestalten, war in den Prozess auch die akademieeigene Grafikabteilung involviert. „Ich sehe die Akademie seit vielen Jahren wachsen und freue mich, nun an der weiteren Entwicklung beteiligt zu sein“, erzählt Mediendesignerin Sylvia Bauer, die zusammen mit ihrer Kollegin Melanie Grass auch als Schnittstelle zu der Produktionsfirma fungiert, die die Inhalte der Formate erstellt.

Henning Detjen, Unternehmensentwickler bei der TÜV NORD Akademie, und Sylvia Bauer, Medien­designerin bei der TÜV NORD Akademie

Das neue Geschäftsmodell eigne sich hervorragend für Pflichtunterweisungen – etwa in den Bereichen Arbeits-, Gesundheits- und Datenschutz samt all ihren rechtlichen Aspekten, berichtet Detjen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben 365 Tage Zugriff auf die Inhalte und können diese zu jeder Tageszeit und von jedem beliebigen Ort aus abrufen: „Das ermöglicht ein flexibles Lernen.“

Derzeit liegt der Fokus noch sehr stark auf den Online-Unterweisungen, in naher Zukunft wollen Detjen und seine Kolleg:innen das E-Learning-Angebot weiter ausbauen: „Unser Ziel ist es, eine ganze Datenbank voller E-Learnings zu allen nur denkbaren Themen einzurichten.“